Teddy's letzte Tage

Jetzt will ich doch noch eben erzählen, was in den letzten Tagen passiert ist. Dass Teddy nach der letzten Infundation bei der Tierärztin wieder Wasser im Brustraum angesammelt hatte und ich ihm wieder die Entwässerungstabletten geben musste hatte ich ja hier schon geschrieben.

Trotzdem ging es ihm letzte Woche noch verhältnismäßig gut. Er knuddelte und schmuste, nur fressen wollte er nicht so richtig.

Das doofe bei erhöhten Nierenwerten ist, dass sich der Harnstoff, der zuviel im Blut ist in die Schleimhäute absetzt. Also in die Mundschleimhaut, Magenschleimhaut und im Darm. Dadurch ging es ihm halt schlecht und er mochte nichts fressen. Dazu kamen dann wohl auch Magenschmerzen…. zumindest hab ich welche wenn ich eine Magenschleimhautentzündung habe.

Er hat zwar Medikamente für den Magen bekommen, aber die konnten den Magen auch nicht so weit beruhigen wie es notwendig gewesen wäre.

Am Montag habe ich ihn noch mal mit Gewalt infundiert was gar nicht so einfach war. Aber viel Flüssigkeit hat er dabei auch nicht bekommen. Er hat sich so gewehrt, dass nicht viel ging.

Am Dienstag hat er sich dann von mir und den anderen Katzen zurückgezogen und wenn ich zu ihm gegangen bin und ihn geknuddelt habe hat er auch nicht mehr geschnurrt oder sowas. Für Mittwoch hatte ich geplant eher Feierabend zu machen und mit ihm zur  Tierärztin zu fahren.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat er sich im Kratzbaum verkrochen. Da ist er sonst nie reingegangen. Und morgens hatte ich ihm noch seine Medikamente gegeben. Im Grunde war mir klar, dass die Tierärztin ihn wohl einschläfern würde und hatte mich ein Stück weit damit abgefunden. Eigentlich wollte ich ihn Dienstag auch mit ins Bett nehmen. Aber er wollte das nicht…  er wollte seine Ruhe haben und auf seiner Korbtruhe liegen. Er kam auch die letzten Tage nicht zur Begrüßung an die Schlafzimmer- oder Wohnungstür.

Die Tierärztin war extra noch in die Praxis gekommen obwohl sie selber krank war und ich hatte eine Stunde eher Feierabend gemacht um Teddy zu holen und zu ihr zu fahren. Als ich in die Wohnung kam war es schon zu spät.

Teddy lag neben meinem Schreibtisch und war schon gestorben. Vermutlich schon im Laufe des Vormittags. Anscheinend ist er einfach umgekippt oder hat sich zum Sterben hingelegt. Die Totenstarre war schon voll ausgebildet.

Da ich nirgends einen Platz habe, wo ich ihn hätte begraben können habe ich ihn dann in eine Decke gewickelt, in den Arm genommen, zum Auto getragen und zur Tierärztin gebracht.

Sie hatte wohl auch erwartet, dass es so kommt und das ganze nicht lange gut gehen konnte.

Ich weiß nicht, was die Tierärztin mir für ein Medikament gegeben hat, ich vermute Rescue-Tropfen oder sowas, jedenfalls habe ich das Gefühl, dass ich relativ gut damit umgehen kann. Vielleicht auch, weil er seinen Weg gegangen ist und ich die Entscheidung nicht treffen musste. So egoistisch das auch klingen mag.

Und obwohl der der ruhigste von meinen Vieren war fehlt er hier sehr…. 

Auf jeden Fall hatte er noch drei Monate bei mir in denen es ihm sehr gut ging und er mir täglich gezeigt hat, wie lieb er mich hatte und wie dankbar er war.

Angstfrei leben

Wenn ich so zurück blicke, was ich in den letzten Tagen häufiger tue, dann staune ich darüber, was für Dinge ich heute machen kann, die ich mir vor Jahren nicht mal hätte träumen lassen.

Es ist erschreckend festzustellen wie sehr man in sich selbst gefangen sein kann. Und wie sehr Angst fesseln kann.

Wer hier intensiver gelesen hat weiß vielleicht schon, dass ich viele Jahre an einer Angststörung gelitten habe. Nur durch Zufall und viel Feingefühl wurde irgendwann die Diagnose gestellt und ich konnte neue Wege beschreiten um zu lernen diese Angst zu bekämpfen.

Zeitweise war es so schlimm, dass ich nicht mal in der Lage war einkaufen zu gehen. Und trotzdem hat in meinem Umfeld niemand gemerkt, was eigentlich los war. Angstpatienten sind fantastische Schauspieler!!

Spontane Unternehmungen waren praktisch gar nicht möglich. Ich brauchte für alles wenigstens zwei Tage um mich seelisch darauf vorzubereiten. Und wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte ich sollte nach Berlin fahren…. OMG…  völlig undenkbar. Kino?? Ging gar nicht!! Essen gehen?? Nur an guten Tagen. Extremshopping?? Undenkbar!! Jeder Weg nach draußen war unermesslicher Stress. Schon wegen der Angst vor der Angst.

Wenn ich heute unterwegs bin und viele Dinge zum ersten Mal mache, dann denke ich oft daran, wie schrecklich ich das alles früher gefunden hätte. Gleichezeitig beobachte ich die Menschen um mich herum bewußter. Oft registriere ich im Supermarkt Menschen, die ähnliche Verhaltensweisen an den Tag legen wie ich früher… denen ich anzusehen glaube, dass sie ein ähnliches Problem haben wie ich früher. Und denen ich gerne sagen möchte: Mach was!! Nehm Dein Schicksal in die Hand und kämpfe dagegen an. Es ist es wert!!

Auf der anderen Seite bin ich oft dankbar, dass ich diese Krankheit in einem Umfeld hatte in dem es mehr Ausweichmöglichkeiten gab.

Mit dieser Krankheit z.B. in Berlin zu leben stelle ich mir um ein vielfaches schlimmer vor, als da wo ich aufgewachsen bin. Auf der anderen Seite hätte ich den Kampf gegen die Krankheit vielleicht eher aufgenommen….  aufnehmen müssen. Eine Panikattake in der S- oder U-Bahn wäre die Hölle gewesen.

Und dann erfüllt mich unendliche Dankbarkeit, dass ich all das heute machen kann. Dass ich unglaublich viele Dinge zum ersten Mal gemacht habe ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ich vor irgendetwas Angst haben müsste. Wobei die Ängste die Angstpatienten haben in der Regel ja irreale Ängste sind.

Die Funktion, die einem Angst vermittelt ist ja durchaus sinnvoll. Schwierig wird es, wenn diese Angst ausgelöst wird obwohl es keine Gefahr gibt. Wobei wir hier Todesangst reden. Von Panik, Schweißausbrüchen und einem fast unbezwingbaren Fluchreflex. Diese Ängste hatte ich 16 (!) Jahre lang… mit 16 fing es an…  mal mehr mal weniger… meistens mehr… 

Ich kann nur jedem raten, der diese Ängste in mehr oder minder schwerer Stärke jemals erlebt hat, tut etwas dagegen. Das Leben kann sooooo schön sein wenn man unbeschwert durch das Leben geht… 

Und eigentlich ist es ganz einfach…  und es gibt keinen Grund für Angst vor dem angstfreien Leben!!