Zugehörig

Ich staune. Vorgestern habe ich mich ja zum ersten Mal alleine auf den Weg ins Kino gemacht. Nun wurde ich mehrfach, sowohl von Singles als auch von Paaren, darauf angesprochen, mit wem ich denn nun wirklich unterwegs gewesen wäre. Alleine ins Kino ginge ja gar nicht!!

Im ersten Moment habe ich gesagt, ich gehe alleine Schwimmen, ich gehe alleine zum Sport, ich gehe alleine ins Museum…. Warum dann nicht auch Kino?? Zumal man sich im besten Falle ja ohnehin auf den Film konzentriert und sich nicht dabei unterhält. Im Restaurant oder in einer Kneipe wäre das was anderes, da würde nicht alleine hingehen. Auch fremde Städte oder so was würde ich mir nicht gerne alleine ansehen wollen. Das sind Dinge, die einfach schöner sind, wenn man sie teilt. Egal ob mit einem Freund, einer Freundin oder einem Partner.

Aber dann kam ich ins Grübeln. Warum verwundert das so viele? Und warum sieht man tatsächlich eher wenige Leute alleine im Kino??

Der Mensch ist ein Rudeltier. Das macht auch Sinn, ist es doch in der Gruppe grundsätzlich einfacher zu überleben. Auch ist die Chance größer, auf mehr Menschen mit spezialisierten Fähigkeiten zu stoßen. Aber in der heutigen Zeit, wo es die Mammuts bereits getötet, zerteilt und teilweise sogar vorgegart im Supermarkt gibt, in der man sein Getreide nicht mehr selber anbauen muss um Brot zu bekommen, ist es ja grundsätzlich kein Problem nicht im Rudel zu leben. Ich finde Rudel ohnehin relativ anstrengend.

Trotzdem haben Menschen das unbändige Verlangen sich zugehörig zu fühlen.

Vor fast sechs Jahren, als ich nicht mehr zugehörig war, war dieses Verlangen ausgesprochen stark. Ich fühlte mich – im Nachhinein betrachtet – wie ein Kind alleine auf einem riesigen Jahrmarkt. Total geblendet und beeindruckt von unglaublich vielen bunt blinkenden Lichtern, von lauter Musik, von bunten, schnellen Karussells, von Düften nach Zuckerwatte, gebrannten Mandeln und und und. Das Kind stand also staunend da, überfordert von viel zu vielen Eindrücken und auf der Suche nach einer Hand die es mitzieht. Und damals war jede Hand, die sich anbot wirklich verlockend. Zumal damals das Bewusstsein für die Situation gar nicht da war. Viel zu sehr war ich mit dem Gefühl beschäftigt, dass ich mich nur halb fühlte. Auch wenn ich alleine für mich den Weg gewählt hatte, auf dem ich mich noch heute befinde. Und der Weg ist gut so wie er ist.

Ein guter Freund sagte damals zu mir, dass es Zeit bräuchte, die Eindrücke wahrzunehmen, zu sortieren und zu verarbeiten und sich auf dem Jahrmarkt zurecht zu finden. Damals fand ich, dass er totalen Schwachsinn redet. Heute weiß ich, es war das Beste, was er mir damals sagen konnte.

Trotzdem war das Verlangen da nach angebotenen Händen zu greifen. Weil es offenbar einfach so gehörte. Und auch wenn schon im ersten oder zweiten Augenblick der Impuls da war, dass die Hände doch nicht so perfekt erschienen, war das Gefühl da, dass es immer noch besser als keine Hand wäre. Heute bin ich froh, dass ich Hände nicht ergriffen habe oder sie mir entzogen wurden. Weil ich mit den Haken an den Händen nicht lange hätte leben können.

Früher habe ich meistens, wenn ich eine Hand losließ bereits eine neue Hand in Aussicht gehabt nach der ich griff. Und einige dieser Hände waren allenfalls Sicherheitsleinen für die Zeit, in der ich nach einer anderen, festeren Hand suchte.

Warum bezieht sich dieses Verlangen nach Zugehörigkeit in erster Linie auf einen einzelnen Menschen? Denn seien wir mal ehrlich, die meisten Menschen, die einen Partner finden, verlieren sehr schnell ihre Unternehmungslust, wachsen auf der Couch fest und wundern sich eines Tages, dass der Freundeskreis ordentlich geschrumpft ist.

Letztendlich ist es scheinbar nach wie vor ein Stigma alleine zu sein. Wobei ich „alleine“ nicht mit „einsam“ gleichsetze. Es ist weniger stigmatisch erst kurz alleine zu sein. Es ist auch weniger stigmatisch der zu sein, der verlassen hat. Das ultimativ stärkste Stigma trägt der, der verlassen wurde und schon lange alleine ist. Oder noch nie längerfristig Zugehörig war.

Ich bin nicht einem Menschen zugehörig. Und ich will auch nicht auf Biegen und Brechen zugehörig sein. Ich fühle mich in meinem Nichtzugehörigsein wohl. Meistens jedenfalls. Und doch bin ich zugehörig, nicht einem Menschen sondern vielen. Menschen in der Nähe, Menschen in der Ferne, Menschen denen ein fester Platz in meinem Herzen gehört, Menschen die ich Freunde nenne und die mich Freund nennen, teilweise fremden, die ich nicht/noch nicht real kenne, und manchmal bin ich auch einfach einem Kinopublikum zugehörig, mit denen ich das relativ kurze Erlebnis eines Films teile.

Und eins habe ich gelernt: Nichtzugehörigsein ist ein Prozess den man lernen muss und eine Erfahrung die jeder einmal gemacht haben sollte. :o)

Eiscafé-Einsichten

Heute hat die Sonne endlich auch den Weg zu uns gefunden und so ließ ich mich von meiner Freundin aus dem Büro und ins Eiscafé locken.

Da der Eisdealer unseres Vertrauens nicht mehr existent ist und das Café gerade umgebaut wird, wichen wir auf ein Eiscafé im Nachbarort aus. Dort waren wir im vergangenen Jahr auch ab und an und es war das nächstgelegene, bei dem wir halbwegs gemütlich draußen sitzen konnten. Es ist nur ein kleines Café mit 10 Tischen draußen und etwa genauso vielen drinnen.

Allerdings hat auch in dem Café der Betreiber gewechselt und so waren es heute nicht die anderen Gäste, die uns amüsierten sondern die Café-Betreiber bzw die Bedienung.

Vorweg sei erwähnt, ich habe nie in der Gastronomie gearbeitet, würde es nie wollen und bin dafür defintiv auch gar nicht geeignet. Aber DAS hätte ich auch hingekriegt *g*

Die Tische draußen waren voll besetzt, drinnen saßen auch einige Gäste und vor dem Außerhausverkauf-Fenster standen auch einige Kunden.

Die Bedienung, eine etwas fülligere Dame geschätzte Ende 50, bemerkte schon zu Anfang an verschiedenen Tischen, dass sie ja nur für ihre Tochter eingesprungen wäre. Bemerkenswerter fanden wir, dass sie an jedem Tisch, an dem jemand darum bat etwas bestellen zu können zur Antwort kam „sofort, ich hol mal eben meinen Block“. In der Folge trippelte die Dame los, verfiel in einen leichten Laufschritt wenn sie zwischen den Tischen hindurch getrippelt war und verschwand im Café um ihren Block zu holen und 5 bis 10 Minuten später wieder aufzutauchen und die Bestellung aufzunehmen.

Dann trippelte sie wieder los um die Bestellung drinnen am Tresen abzugeben.

Sobald die bestellten Eisbecher oder Getränke fertig waren kam sie mit Sachen angeschwankt und ab und an sah es schon sehr gefährlich aus wenn sie die Sachen auf die Tische stellte. An unserem Tisch sah ich des öfteren mein Handy schon unter Kaffee weil der Tisch für zwei Eisbecher und vier Kaffee einfach zu klein war. Natürlich hätte man auch einfach vorher das bereits benutzte/leere Geschirr abräumen können. Aber nun gut.

Zwischenzeitlich hatten wir mit Staunen die Schlange am Außerhausverkauf-Fensterchen beobachtet. Dazu muss man erwähnen, dass die Schlange jetzt nicht so furchtbar lang war. Meistens waren es im Schnitt allenfalls 10 Leutchen, die dort anstanden. Umso beachtlicher fand ich, dass einige in dieser Schlange tatsächlich über eine halbe Stunde warten mussten, bis sie ihr Eis in Empfang nehmen konnten. Warum hat sich mir nicht erschlossen.

Aber dann wurde es lustiger….  als erstes kam von der Bedienung die Ansage, dass Spaghetti-Eis etwas länger brauchen würde, weil das Eis zu hart wäre und nicht durch die Maschine ginge.  Das fand ich ja schon beeindruckend!!  Als nächstes wurden einige Gäste, die bereits bestellt hatten, darum gebeten, ihre Bestellung zu ändern. Das Vanille-Eis war aus. Das hab ich noch nie irgendwo gehört. Darauf hin wurden diverse verschiedene Variationen ausgetestet. Die Bedienung versuchte verzweifelt Bananen-Eis an den Mann oder die Frau zu bringen. Wohl mehr mit der Idee, dass es eine ähnliche Farbe hat wie Vanille-Eis als mit dem Gedanken daran, was zu den gewünschten Kombinationen am ehesten geschmacklich gepasst hätte.

Als nächstes wurde offiziell vermeldet, dass auch die Erdbeersauce aus wäre. Kurz darauf waren dann auch Schokoladeneis und Schokosauce aus. Darauf hin kam es zu so tiefsinnigen Fragen wie: „Möchten Sie den Himbeerbecher statt dessen mit Stracciatella-Eis oder einen Stracciatellerbecher mit Himbeersauce?? „

Zur Krönung wurde, nachdem alle Gäste auf Stracciatella-Eis umgelenkt wurden, verkündet, dass nun auch dieses aus sei und ein anderer Gast wurde freundlich darauf aufmerksam gemacht, dass ein Milchkaffee und ein Latte ja wohl das selbe wären.

Am Ende verkündete die Bedienung – die sich zwischenzeitlich unseres Mitleids sicher sein konnte – sie würde gleich nicht mehr raus gehen und keine weiteren Bestellungen mehr aufnehmen. Immerhin war der Kaffee noch nicht aus und das ist ja bekanntlich aus meiner Sicht das wichtigste!!!

Zur Krönung stellte ich dann kurzzeitig noch fest, dass es in den Sanitärräumen a) nicht möglich ist, sich bei einer Körpergröße von mehr als 1,60 m mit einem kurzen Blick in den Spiegel vom Sitz der eigenen Frisur zu überzeugen (ich sah gerade stehend noch eben so mein Kinn im Spiegel) und dass es nicht möglich war das WC abzuschließen. Statt dessen musste man den gesamten Sanitärbereich abschließen. Achja, Toilettenpapier war auch aus.

Der Cafe-Betreiber war am Ende das wandelnde schlechte Gewissen, entschuldigte sich bei allen Gästen vielmals und knöpfte uns pro Nase für drei Kaffee und einen Eisbecher nur noch 5 Euronen aus der Tasche. Das war der Spaß wirklich wert.

Und ganz ehrlich… der Sommer kommt immer mindestens so überraschend wie Weihnachten *kicher*

 Aber lecker war’s trotzdem: