An einen Freund

 Drei Jahre kennen wir uns nun schon und wir bezeichnen uns gern als bester Freund/beste Freundin.

Aber in den letzten drei Jahren hast Du Dich sehr sehr verändert. Und das nicht zu Deinem Besten!!

Zwar sagst Du anderen Menschen gerne direkt ins Gesicht, was Du denkst und was sie falsch machen, aber einstecken, wenn es jemand anderes bei Dir macht ist nicht so wirklich Deine Sache.

Eigentlich würde ich Dir sehr gerne mal was sagen. Nämlich, dass Du auf einem falschen Weg bist.

Als wir uns kennenlernten warst Du aktiv, unternehmungslustig und bist rausgegangen…. wir waren auf dem Weihnachtsmarkt, sind ins Restaurant gegangen, ins Kino, in die Stadt um einen Kaffee zu trinken, zum Shopping.

Heute verlässt Du Deine Wohnung eigentlich nur noch zum Einkaufen und um Deinen Vater zu besuchen.

Du nennst es leben, aber Du lebst nicht… Du vegetierst.

Du bist ständig krank… bei Krankheiten, mit denen jeder andere eine Woche zuhause ist, bist Du sechs Wochen krankgeschrieben. Wenn nicht länger. Du liegst zuhause auf Deiner Couch, guckst Filme ohne Ende und horchst in Dich hinein. Du horchst darauf, wo etwas zwickt oder ziept und was dafür die Ursache sein könnte.

Du sagst mir, dass ich ein gravierendes Problem habe, weil ich ständig unterwegs bin, mich mit Freunden/Innen treffe, Besuch habe oder am Telefon hänge. Aber ich denke, was ich zu viel haben (Freunde, Unternehmungslust) hast Du entschieden zu wenig.

Sicherlich ist mein Lebenswandel derzeit suboptimal, aber Deiner ganz gewiss auch. Und ich denke Du schadest Dir mehr als ich mir.

Ich mache mir Sorgen um Dich. Ich hab Dich nämlich sehr gern.

Ich hatte die Hoffnung, dass die angefangene Therapie etwas entscheidendes ändert, aber das hat sie nicht.

Inzwischen bin ich sogar sicher, dass Du zeitweise lügst um Verabredungen nicht einhalten zu müssen.

Und das, was Deine Ex über Dich erzählt hat war zwar ganz sicher maßlos übertrieben, aber ich habe keinen Zweifel mehr daran, dass ein Funken Wahrheit dabei war.

Du sagst, diese Stadt hat Dir kein Glück gebracht und Du würdest gerne woanders hingehen. Aber auch woanders hängt es allein an Dir, ob Du glücklich wirst oder nicht. Der einzige, der an Deinem Leben etwas ändern kann bist Du. Aber Du redest Dir ein, dass Du alles richtig machst und nur alle anderen etwas falsch machen. Leider ist es in der Realität eher selten der Fall, dass ausgerechnet alle anderen einen Fehler machen. Und das Leben findet nicht im DVD-Regal statt… sondern draußen auf der Straße. Dort bekommst Du neue Eindrücke, lernst neue Menschen kennen und erlebst etwas.

Ich nehme mir das Recht heraus zu beurteilen, dass Du offensichtlich krank bist. Ich beurteile es, weil ich diese Krankheit einst auch hatte. Keine Krankheit, die Du ausschließlich mit Medikamenten sondern durch Therapie und durch Taten besiegen kannst.

Kämpfe endlich!!

6 Gedanken zu „An einen Freund

  1. Offen und ehrlich, direkt.

    So „kenn“ ich dich….aber hast du dies auch deinem Freund so gesagt? ich hoffe es….und hoffentlich hat er dich verstanden…

    Und wenn er um Hilfe bittet…dann verweigere sie ihm nicht.

    VG

  2. Schwierige Situation – schliesslich kann man niemanden zu seinem Glück zwingen. Und wenn es wirklich eine Krankheit und nicht nur eine depressive Verstimmung ist, sieht die Person es auch nicht ein und fühlt sich noch im Recht, zu leiden. Das führt dann auch zu den Lügen.
    Gibt es denn noch weitere, gemeinsame Freunde oder Familienmitglieder, die du um Rat bitten könntest?
    Ansonsten kannst du wohl nur zuhören, aufmuntern und für ihn da sein. Manchmal muss man erst ganz am Boden liegen, um aufstehen zu können. Vielleicht ist dieser Punkt noch nicht erreicht. Das kann dann eventuell auch eine andere Stadt sein!

    Liebe Grüße!

  3. Man muss erst selber erkennen, dass man ein Problem hat und dann muss auch der Wille da sein daran etwas zu ändern, wenn das nicht da ist bringt das alles nichts, weil er sich sonst einfach weiter verschanzt.

    Ich denke Webby hat da eventuell Recht, vielleicht muss er wirklich erst noch richtig auf die Nase fallen, bis er es merkt.

  4. @ Dosenoeffner

    So kann man es ihm nicht sagen. Aus seiner Sicht ist er der einzige normale Mensch unter der Sonne und er würde sofort den Kontakt zu mir abbrechen.

    @ webbi

    Bei dieser Erkrankung wird man nie ganz am Boden sein. Ich hatte sie selber 16 Jahre lang. Aber er spielt mit seinem Job und da er alleine ist wird er auch nicht die Kurve kriegen. In diesem Fall – so war es bei mir – hilft eigentlich nur Druck… zwar sanfter Druck, aber Druck.

    @ Benni

    Ich denke er liegt schon auf der Nase. Aber da an allem nur die anderen Schuld sind kann er ja nix dafür… denkt er…

    Und der Wille kommt nur mit der Erkenntnis.

  5. Oha. So jemanden kannte ich auch mal. Kannte… er hat mir nicht verziehen, dass ich ihm gesagt hab, dass er meiner Meinung nach schleunigst Hilfe benötigt. An allem waren die Anderen schuld, und die Welt hatte sich verschworen, ihn zu vernichten, und ihm die Zeit bis dahin so sauer wie möglich zu machen. Meine Liebe zu ihm war nicht groß genug, um das zu ertragen. Irgendwann nicht mal mehr groß genug, um mich gegen dieses dumpfe Sich-Hängen-Lassen zu wehren. Da war Weggehen das einzig wahre.

  6. @ Lily

    ja, manchmal spiele ich auch mit dem Gedanken mich komplett von ihm loszusagen, aber im Moment berappelt er sich gerade wieder, geht sogar arbeiten…. mal sehen was die Zeit bringt.

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